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Diabetes und Recht
Teil 3: Diabetes am Arbeitsplatz

VERÖFFENTLICHT AM 03. Mai 2024 | Durchschnittliche Lesedauer 02:49 Min.

Im dritten Teil der Reihe "Diabetes und Recht" wird alles rund um den Arbeitsplatz beleuchtet. Immer wieder stellt sich die Frage: Was muss oder darf mein Arbeitgeber über meine Erkrankung wissen? Welche Pflichten habe ich als Diabetiker, aber auch welche Rechte habe ich, die mich am Arbeitsplatz schützen?

Prinzipiell muss ein Diabetes beim Einstellungsgespräch nicht mitgeteilt werden. Man unterscheidet im Arbeitsrecht zwischen zulässigen und unzulässigen Fragen. Bei zulässigen Fragen muss der Arbeitnehmer wahrheitsgemäß antworten, da er sonst wegen arglistiger Täuschung zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Erkrankungen und damit auch Diabetes gehören zum privaten Lebensbereich. Auch Fragen zur Schwangerschaft, zum Kinderwunsch, zur Religionszugehörigkeit, zur Parteimitgliedschaft oder zur Gewerkschaftszugehörigkeit sind nicht zulässig.

Bei unzulässigen Fragen darf der Arbeitnehmer sogar die Unwahrheit sagen, z.B. den Diabetes leugnen. Arbeitsgerichte halten pauschale Fragen nach Erkrankungen grundsätzlich für unzulässig, es sei denn, die Krankheit könnte zu einer erheblichen Gefährdung führen, beispielsweise bei erheblicher Ansteckungsgefahr oder wenn die Krankheit sich auf die auszuübende Tätigkeit auswirkt. Bei Berufen, die eine absolute körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verlangen, weil sonst Gefahr für andere Menschen oder für den Patienten selbst bestünde, wird jeweils im Einzelfall entschieden, ob jemand für den Beruf geeignet ist oder nicht.

Ein medizinischer Test zur Einstellung darf nur mit Zustimmung des Bewerbers durchgeführt werden. Der Arbeitgeber hat das Recht, die Einstellung von dem Ergebnis einer medizinischen Untersuchung abhängig zu machen. Deshalb muss sich der Bewerber dann vom Betriebsarzt untersuchen lassen. Dieser prüft die Eignung und teilt dem Arbeitgeber das Ergebnis mit, ohne die Diagnose zu nennen.

Aufgrund der immer besseren Überwachung der Stoffwechsellage und der zunehmenden Sicherheit in der Diabetestherapie werden "nicht geeignete Berufe" jedoch zunehmend selten. Natürlich hat der Arbeitnehmer dafür zu sorgen, dass seine Erkrankung bestmöglich eingestellt ist. Moderne technische Möglichkeiten, wie kontinuierliche Glucosemesssysteme oder Insulinpumpen, sowie regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und entsprechende Schulungen sind dabei hilfreich.

Sollte ein Arbeitsverhältnis eindeutig aufgrund des vorhandenen Diabetes abgelehnt werden, gilt dies als Diskriminierung aufgrund einer Behinderung und es ist möglich, rechtlich dagegen vorzugehen. Auf die Rechte als Schwerbehinderter (ab 50 Grad) wurde bereits ausführlich in Teil zwei von "Diabetes und Recht" hingewiesen. Für den Arbeitgeber bedeutet dies teilweise erhebliche Belastungen: Kündigungsschutz, Fehlzeiten, zusätzliche Urlaubstage oder Umstellungen im betrieblichen Ablauf. Trotzdem darf er nicht nach einer Behinderung fragen, da das eine Diskriminierung bedeuten würde. Auch bei einer Vereinbarung, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden, wird oft empfohlen, die Schwerbehinderung nicht anzugeben.

Für Personalfragebögen gilt das Gleiche wie bei Vorstellungsgesprächen. Es gibt zulässige und unzulässige Fragen. Viele der üblichen Fragen gehören zu den unzulässigen und müssen deshalb nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. Man darf sie unbeantwortet lassen, sollte sie aber im Sinne der Norm lieber beantworten, um keine falschen Schlüsse zuzulassen.

Ein Recht auf Sonderpausen besteht nicht, da die Blutzuckermessung oder die Injektion von Insulin nebenher erledigt werden kann. Ein Kantinenzwang ist nicht zulässig, auch dann nicht, wenn vertraglich vereinbart ist, am Essen in der Kantine teilzunehmen.

Auch wenn der Arbeitgeber nicht über den Diabetes informiert werden muss, ist es ratsam, engste Kollegen über Symptome und Maßnahmen bei einer beginnenden Hypoglykämie zu informieren. Dies erhöht die Sicherheit am Arbeitsplatz.

Kündigungsschutz

Liegt keine Schwerbehinderung vor, gibt es beim Diabetes keinen besonderen Kündigungsschutz. Trotzdem kann man sich erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung wehren. Diese muss innerhalb von drei Wochen eingereicht werden. Der Patient sollte sich dabei schnellstmöglich von einem Anwalt oder einer Gewerkschaft beraten lassen.

Bei Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern ist eine Kündigung nur zulässig, wenn ein anerkannter Kündigungsgrund vorgelegt werden kann. Bei kleineren Betrieben ist das nicht der Fall.

Manchmal zeichnet sich eine Kündigung bereits vorher ab. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, schnell einen Antrag beim Versorgungsamt auf Schwerbehinderung zu stellen. Selbst wenn eine Schwerbehinderung nicht anerkannt wird, kann der Patient von dem "Aussprechen einer erheblichen Behinderung" profitieren und somit eine gewisse Gleichstellung erreichen. Dann genießt er denselben Kündigungsschutz wie schwerbehinderte Menschen.

Bei der Einstellung und Besetzung eines Arbeitsplatzes sollte es um Eignung und Qualität gehen – und nicht um eine Erkrankung. Unsere Aufgabe als Diabetes-Team besteht darin, mit Ihnen zusammen die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, um ein optimales Arbeiten zu gewährleisten und Ihnen durch eine gute Blutzuckereinstellung dieselben Chancen zu ermöglichen wie einem Nicht-Diabetiker.

Kommen Sie auf uns zu, wir helfen gerne.

AUTORIN:

DR. BÄRBEL WOLF
FACHÄRZTIN FÜR INNERE- UND ALLGEMEINMEDIZIN, DIABETOLOGIN (BLÄK), NATURHEILVERFAHREN